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Franz-Martin Stankus Bandagieren eines Pferdes

Vom Sinn und Nutzen der vorbeugenden Bandage oder „Wer chic sein will muss leiden“.

 

Das Bandagieren am Pferd ist für eine Sache sicherlich gut: nämlich, dass man damit die Pferde vor Verletzungen schützt. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Zumindest kann es eine Verletzungsgefahr vermindern. Das heißt also: Wenn ein Pferd durch ungünstige unkontrollierbare Bewegungen mit dem einen Bein ans andere klopft, kann die Bandage eine Verwundung abfangen. Das ist richtig! Ich beobachte aber vermehrt, dass Pferde, die in einer normalen Box stehen unter Bandagen gesetzt werden. Und das aus dem guten Glauben, dem Pferd etwas Gutes zu tun. Dann ist das sicherlich nicht ganz richtig. Dieses bandagieren in der Box kann sich insofern negativ auswirken, weil es auch eine Verweichlichung hervorrufen kann. 

Ein Pferd kann sich nur entwickeln, 

wenn Reize gesetzt werden, 

Reize an Bändern und Sehnen. 

Nur durch Reize werden Bänder und Sehne stabiler. 

 

Bandagen sehen gut aus. Das ist ein gutes Verkaufsargument. In den Dressurprüfungen erlebe ich das ganz besonders. Da gehen die Pferde bis unter das Vorderfußwurzelgelenk - schon fast störend in der Gelenkbeuge - unter Bandagen. Diese werden kurz abgenommen um die Dressur zu gehen und kaum aus dem Vierecke raus, steht schon jemand da und wickelt die Pferde ein.

Aus Krankheitsgründen muss ein Pferd bandagiert werden. Alles in Ordnung. Ein Pferd prophylaktisch unter Bandagen zu stellen habe ich nie gemacht und auch nie mit Bandagen gearbeitet. Während meiner gesamten Berufszeit habe ich noch keine derartige Notwendigkeit der Prophylaxe gesehen. Ein Tierarzt kann bei mir, was die Beine der Pferde betrifft, kein Geld verdienen.

Die Bandage hat für mich auch einen wichtigen Aspekt: Wenn man wattiert und dann bandagiert, wird dort am Bein Wärme erzeugt. Und durch diese Wärme wird die Durchblutung gefördert. Das ist sehr vernünftig. Wenn ich das Gefühl habe, dass mein Pferd, weil es in einer kleinen Box steht, angelaufene Beine hat, dann macht es auch Sinn. Aber wenn ich vorbeugend bandagiere, so lange und so stramm, dass sich die Haare schon an den Beinen kräuseln, dann kann sich jeder die Frage nach dem Sinn und Nutzen des Bandagierens stellen.

Wir Menschen haben ja auch mal „dicke Beine“.  Da helfen Stützstrümpfe sehrwohl. Durch die Komprimierung funktioniert die Durchblutung wieder besser. So ist es bei den Pferden genauso. Dadurch, dass die Beine, die Gliedmaßen, am weitesten vom Herzen entfernt sind, hat der Blutdruck eine schwere Aufgabe. Und bei Stauungen in den Beinen macht es auch Sinn, sie warm einzupacken. Durch die Wärme weitet sich das Gefäßsystem und die Durchblutung funktioniert wieder besser. 

Aber das ist ja heute nicht der Grund des Bandagierens. Sonst hätten wir alle nur kranke oder strapazierte Pferde. In erster Linie wird bandagiert weil es chic ist und weil geglaubt wird, seinem Pferd etwas Gutes zu tun. 

Pferde sind doch nicht so dumm, sich mit den eigenen vier Beinen zu verletzen.

Denn wenn die Grundausbildung eines Pferdes über die Ausbildungsskala zum Gleichgewicht führt, dürfte so ein Problem nicht auftreten.

Wenn ein Pferd eine Traversale geht, lernt es das Überkreuzen der Beine. Es wird sich nie an die Beine klopfen, wenn das sachlich fundiert beigebracht wird. Selbst Gamaschen, die dann den Fesselkopf und die Sehne schützen und stabilisieren, habe ich bis heute nie eingesetzt, weil ich keine Probleme mit verletzten Beinen kenne. Selbst im Reiterpark Max Habel, Süseler Baum, reiten wir mit unseren Dressurpferden über die Naturhindernisse ohne Bandagen oder Springlocken. 

Welche Frau kennt nicht den Spruch „Wer chic sein will muss leiden“. Frauen kennen da keine Schmerzgrenze (bei Schuhen z.B.). Aber tun Sie das Ihrem Pferd nicht an.

Rufen Sie mich gerne an, wenn Sie dazu Fragen haben

unter 0172 – 68 99 11 8

 

Ihr Franz-Martin Stankus                                Text: hell 

 

 

Bandagen

Bei Pferden werden Bandagen als Schutz für Fesselgelenk und Röhrbein verwendet. Entgegen dem Irrglauben vieler Reiter hat die Bandage hier jedoch keinerlei Stützfunktion. Wird sie als Schutz zum Beispiel beim Transport oder Reiten verwendet, so ist unbedingt auf den korrekten Sitz zu achten. Die Bandagen dürfen einerseits nicht zu eng gewickelt werden, da sie sonst die Blutzufuhr der Beine beeinträchtigen, aber auch nicht zu locker, da sie sich in diesem Fall leicht lösen und zu einem Verletzungsrisiko für Pferd und Reiter werden können. (Wikipedia)

 

Veröffentlicht im horseWOman Magazin im Jahr 2009