Die älteste Pferderasse der Welt hat ihren Ursprung in der arabischen Wüste, die mit ihren kargen Lebensbedingungen eine harte Auslese verursacht. Kaum die Hälfte der Fohlen überlebt die ersten Monate oder erreicht gar ein nutz- und vermehrungsfähiges Alter.
Futter und Wasser sind so knapp bemessen und die Temperaturunterschiede so krass, die Entfernungen so groß, dass es Pferden, die von außerhalb kamen,kaum möglich war zu überleben. So entstand eine äußerst genügsame, ausdauernde und leistungsfähige Pferdepopulation, die seit Jahrtausenden (fast völlig) frei von Fremdbluteinflüssen ist. Für ihre Kriegszüge nutzten die Araber vor allem die Stuten und hielten nur wenige Hengste, so dass starke Inzucht weit verbreitet war. Inzucht und harte Auslese haben die Genetik der Araber stark gefestigt, Araber haben höchste Durchschlagskraft in der Vererbung.
Im 7. JH erkannte Mohammed, der Religionsstifter des Islam, die Vorteile der Reiterei zur Verbreitung des Islam und erließ das Gebot der Reinzucht (Asil). Aussagen wie „So viele Körner Gerste er seinem Pferd gebe, so viele Sünden würden ihm einst vergeben“ und „Die bösen Geister betreten niemals ein Zelt, in dem sich ein asiles Pferd befindet“ ehrten das Pferd und wiesen ihm einen vorrangigen Platz zu. Oft nahmen die Beduinen ihre wertvollsten Stuten mit ins Zelt, um sie vor feindlichen Raubzügen zu schützen. Dies begründet die besondere Menschenbezogenheit arabischer Pferde, die auch heute noch tief in allen Arabern verwurzelt ist und von ihren Reitern und Pflegern begeistert erlebt wird. Dieses besondere Wesen des arabischen Pferdes lässt die Menschen süchtig werden: wer einmal an „Arabitis“ erkrankt, bleibt verfallen!
Der Islam breitete sich durch die Reitervölker aus (Jerusalem, Persien, Mesopotamien, afrikanische Nordküste sowie Spanien) und mit ihm die arabischen Pferde, die daher großen Einfluss auf viele andere Pferdezuchten nahmen. Viele Eigenschaften, die sie damit einbrachten, wurden bald hoch geschätzt: Genügsamkeit, Gesundheit, Härte, Dichte und Festigkeit von Knochen- und Bindegewebe, Ausdauer, Fruchtbarkeit und Schnelligkeit – um nur die wichtigsten zu nennen. So entstanden Wünsche nach vermehrtem Einsatz arabischer Pferde.
Durch wiederholte, langjährige, gefährliche und teils auch verlustreiche Expeditionen wurden Original-Araber von der arabischen Halbinsel nach Europa gebracht. In speziellen Gestüten, wie Weil (D), Janow Podlaski (PL), Babolna (HU) oder Crabbet (GB) wurden Vollblut-Araber in Reinzucht gezüchtet, um für die Veredelung der Landespferde genügend arabisches Blut verfügbar zu haben, ohne ausschließlich auf die teuren Expeditionen angewiesen zu sein.
Englisches Vollblut - xx
Im frühen 18. Jh wurden die drei Stammväter der englischen Vollblutzucht nach England eingeführt (der Berber Godolphin Arabian und die beiden Vollblutaraber Byerley Turk und Darley Arabian), auf die bis heute alle Vollblüter zurückzuführen sind, wie die lückenlose Abstammungsregistrierung beweist. Englische Vollblüter sind mit einem xx hinter dem Namen gekennzeichnet. Selektion erfolgt nach Rennleistung und Nutzung über Rennen und Veredelung der Warmblutzuchten.
Arabisches Vollblut – ox
Diese ausschließliche Anpaarung innerhalb der eigenen Population bei gleichzeitiger akribischer Stutbuchführung ist auch weltweite Grundlage der Vollblut-Araber Zucht. Dabei „unterscheidet“ man „Original-Araber“ (OrAr.), englisch desert-bred, abgekürzt db, die auf der arabischen Halbinsel geboren sind von allen anderen. Abkürzungen und Synonyme sind VA für Vollblutaraber oder AV für Arabisches Vollblut. An der lückenlosen Reinheit gibt es gelegentlich Zweifel und Missgunst, so dass sich neben der WAHO (World Arabian Horse Organisation), bei der alle VA über die nationalen Verbände gemeldet werden, Interessengemeinschaften gebildet haben, z. B. die Pyramid Society, die die Untergruppe der „Straight-Egyptian“ (Ägyptische VA) betreut. Vollblut-Araber, die sich direkt auf Original-Araber zurückführen lassen, werden auch Asil-Araber genannt.
Die geografischen Einflüsse und die nationalen Vorlieben haben durchaus ihre Spuren hinterlassen, so dass ein polnischer VA sich durch rundere Rippenwölbung und kürzere, runde Bemuskelung durchaus von einem schmaleren, hochbeinigeren Spanischen VA unterscheidet. Weltweit gibt es ca. 500.000 eingetragene Vollblut-Araber, von denen höchstens 2% asil gelten, getreu der Beduinen-Tradition gezüchtet. Alle Vollblutaraber werden mit ox hinter dem Namen gekennzeichnet. Vollblutaraber sind sehr edel mit feiner Haut und seidigem Haar, kleinem, ausdrucksstarkem Kopf und großen Augen sowie weit öffnenden Nüstern. Er steht eher im Quadratformat, denn er besitzt (meistens) nur 17 Rippen (andere Pferde 18), fünf Lendenwirbel (andere Pferde 6) und 15 Schweifwirbel (andere Pferde 16 -18). Die Original-Araber weisen meist ein Stockmass von 140-152 cm auf, heutige Vollblut-Araber erreichen oft ein Stockmass von 148-156 cm, manchmal auch darüber. Der Araber ist ausdauernd und schnell, die größten sportlichen Erfolge erzielen sie daher in Galopprennen (besonders in Polen) und in Distanzrennen – weltweit. Ich kenne Vollblut-Araber, die mehr als 15.000 km in Distanzwettkämpfen erfolgreich unter ihre Hufe genommen haben!
In der nächsten Ausgabe geht es weiter mit dem Arabischen Halbblut, Arabisch Partbred APb und dem Shagya-Araber.
Carin Weiß
31. Ausgabe Juni/Juli 2010