So heißt es treffend in der Beschreibung des Zuchtziels für den Shagya-Araber. Wie nah die Züchter dieser seltenen Rasse diesem Ziel bereits gekommen sind, kann man ahnen, wenn man die weltweite Verbreitung der knapp 2000 Zuchttiere und den immensen Einfluss betrachtet, den Vertreter dieser Rasse auf viele andere Pferderassen genommen haben und immer noch nehmen.
Ursprung dieser zähen, ausdauernden, vielseitigen und überaus leistungsbereiten Pferderasse ist die KuK-Monarchie Österreich-Ungarns vor gut 200 Jahren. Durch harte Aufzucht, strenge Selektion und konsequente Leistungsüberprüfung von Stuten und Hengsten wurde im kargen südosteuropäischen Raum auf arabischer Basis ein edles, genügsames und menschenfreundliches Pferd gezüchtet, das vor allem als Kavalleriepferd bei Offizieren heiß begehrt und als umgängliche, gesunde Veredler für die Landespferdzucht geschätzt waren.
Früh erkannte man den bewahrenden Wert der Zuchtstute, prüfte immer wieder deren Qualitäten in harten Leistungsprüfungen. Harte, bewegungsreiche Aufzuchtbedingungen – schon die Fohlen haben täglich mindestens 30 km, vor allem im Schritt, zurückgelegt – schufen Pferde, die in jedem Gelände und unter jeden Wetter- und Futterbedingungen zuverlässig ihren Dienst verrichteten. Bei Kavalleristen mit Gepäck – teilweise in unbekanntem Feindgebiet unterwegs - galt allgemein eine Tagesleistung von ca. 40 km als möglich , danach musste ein Pferdewechsel oder eine Pause erfolgen. Shagya-Araber, damals noch bekannt unter dem Rassennamen „Araber Rasse“ waren dafür bekannt, dass sie in kürzerer Zeit die anderthalbfache Strecke (60 km) bei halbem Futterbedarf absolvieren konnten, dafür regenerierten sie schneller und brauchten so weniger Zeit für Pausen.
Die über 200 Jahre währende Geschichte der Shagya-Araber ist wechselvoll mit vielen zerstörerischen Kriegsereignissen, die ganze Gestüte niederbrannten, ausräuberten und die Pferde dezimierte und in langen Transporten oder Trecks in entfernte Gebiete versprengte. Immer wieder baute man die Gestüte auf und führte die Zucht fort. Das Zuchtziel und die Zuchtmethoden erlebten einige, manchmal sehr spontane Modifikationen, jedoch hielt man über die gesamte Zeit an der Reinzucht mit akribischer Stutbuchführung und eindeutigen Bränden, an der harten Aufzucht und strengen Selektion fest. Diese Rasse benötigte auch keinen Umzüchtungsprozeß vom Wirtschafts- zum Sportpferd wie die meisten anderen Sportpferderassen, da sie den Anforderungen des Reit- und Fahrsports von Anfang an genügte. Einen Höhepunkt erlebte sie um 1900 als einige Vertreter bei der Weltausstellung in Paris siegreich vorgestellt wurden. Tibor von Petko-Szandtner, der Gestütsleiter des Ursprungsgestütes Bábolna von 1932-1942, bestritt mit Shagya-Arabern internationale Fahrturniere und fuhr oft mit Siegerschleifen nach Haus. Ab 1943 hatte er die Gesamtleitung der ungarischen Pferdezucht inne. Als begnadeter Züchter auch der Shagya-Araber, war er verantwortlich für eine Epoche der Hochblüte dieser Rasse.
Er rettete die wertvollen Zuchttiere des Gestüts am Ende des zweiten Weltkrieges durch rechtzeitige Evakuierung, unter anderem nach Bergstetten bei Donauwörth. Auf dem Eisenbahntransport wurde 1944 Gazal VII geboren, er kehrte mit dem Pferdebestand im Jahre 1947 nach Babolna zurück. Er wurde Landbeschäler und später als Hauptbeschäler nach Babolna versetzt, wo er in 15 Jahren zum Stempelhengst für die gesamte Mutterstutenherde wurde. Im Alter von 23 Jahren konnte Gazal VII in die Bundesrepublik Deutschland verkauft werden, wo er noch bis 1974 überaus wertvolle Nachkommenschaft lieferte. Dieses gilt sowohl in der Erzeugung von Beschälern der reinblütigen Shagya-Zuchten als auch von typvollen, meist kalibrigen Mutterstuten. Über seinen in Ostfriesland stationierten Sohn Gazal fand er auch Eingang in die deutsche Warmblutzucht.
Die versprengten Zuchttiere wurden nach dem Krieg oft nur zufällig entdeckt und unter schwierigsten Bedingungen vor dem weiteren Untergang bewahrt. So konnten zum Beispiel zwölf arabische Zuchtstuten aus Babolna, die für die Gewinnung von Blutserum vorgesehen waren, durch Austausch gegen Kaltblutstuten vor dem Untergang bewahrt werden. In den kommunistischen Ländern Osteuropas hatte man die Mechanisierung der Landwirtschaft im Visier und vernachlässigte die Gestüte.
Durch die deutsche Besatzungszeit kannten deutsche Hippologen wie Gustav Rau und Dr. Rudofski die Qualität der Pferde. Landstallmeister Bilke, Dr. Frielinghaus und Dr. Gramatzki importierten Pferde aus Ungarn nach Westeuropa und begeisterten private Züchter wie Baronin Wrangel oder Fürstin zu Leiningen für die Shagya-Araber. Im Zirkus Knie fand man einen Hengst, der durch sein Brandzeichen eindeutig als O’Bajan identifiziert werden konnte und der so maßgeblich am Erhalt dieser Hengstlinie beteiligt war. 1979 organisierten sich die Züchter in der ISG Internationale Shagya-Araber Gesellschaft, um die versprengte Zucht zu koordinieren. In den 80er Jahren sprang der Funke über den großen Teich und mit Kriegsbeuten und Neuimporten begann eine besonders auf den Distanzsport ausgerichtete Shagya-Araber Zucht in den USA. Mit dem Niedergang des Kommunismus öffneten sich die Osteuropäischen Grenzen und die Zusammenarbeit der ISG mit den Ursprungsgestüten brachte regen Austausch und guten Zuchtfortschritt in den osteuropäischen Ländern, die nun auch private Züchter zulassen. Inzwischen gibt es Shagya-Araber auch in Israel und Australien – über den weltweit boomenden Distanzsport, für den sie besonders geeignet sind, finden sie immer mehr Liebhaber.
Gemessen an der kleinen Population (weltweit nur gut 1.500 aktive Zuchttiere) sind die Erfolge und vor allem ihr Einfluß auf andere Zuchten, bemerkenswert. Mit 155-160 cm Stockmaß halten sie an einer physiologisch günstigen Körpergröße fest, verfügen über erweiterten Rahmen, Substanz und Kaliber und vor allem über einen menschenbezogenen, dienstbereiten Charakter. Jüngster internationaler Erfolg war der Weltmeistertitel im Distanzreiten 2006 in Aachen des Spaniers Miguel Ubach mit dem in Babolna gezogenen HUNGARES. Besonders erfreuen mich immer Shagya-Araber, die mit jungen Reitern erfolgreich sind, wie zum Beispiel Tamunis, die mit ihrer Reiterin Joana Al Samarraie die deutschen Jugendmeisterschaften im Distanzreiten je einmal mit dem ersten, zweiten und dritten Platz beendete und die deutsche Farben bei Welt- und Europameisterschaften junger Reiter in Italien, Ungarn und Bahrein vertrat. Lany, eine ShA-Stute aus unserer Zucht, ist im deutschen Nationalkader der jungen Reiter und international auf langen Distanzritten erfolgreich.
Die Liste der erfolgreichen Distanzpferde unter den Shagya-Arabern ist lang – besonders hervorzuheben sind die Lebensleistungen wie z.B. 6000 Wettkampfkilometer des ShA Dandolo, dessen Vater selbst beim 300 km-Distanzritt Wien-Budapest teilnahm und außerdem Bayrischer Meister in der Vielseitigkeit wurde. Im Alter von 24 Jahren wurde dieser Hengst eingefahren, weil seine Besitzerin altersbedingt nicht mehr reiten konnte. Dandolos Vollbrunder, der gekörte Hengst Delos, erreichte mit seiner jugendlichen Reiterin Platzierungen in M-Dressuren und seine junge Vollschwester legte nach der Stutenleistungsprüfung die Leistungsprüfung im Distanzreiten ab, wobei sie ihren ersten 100km-Ritt gleich gewann. Eine Woche später wurde sie gedeckt und tragend! Ein anderer gekörter Vollbruder ist in Amerika im Distanzsport erfolgreich. Die Mutter dieser Pferde brachte insgesamt 17 Fohlen und war selbst für die Weltmeisterschaften im Einspännerfahren qualifiziert.
Legendär und weit über die Grenzen Schleswig-Holsteins oder Deutschlands oder der Araberzucht hinaus bekannt, ist der ShA-Hengst Bajar, dessen 23 gekörte Söhne in verschiedenen Reitpferde- und Ponyverbänden anerkannt sind. Sein Springvermögen, sein Mut und seine Leistungsbereitschaft und –fähigkeit werden allseits bewundert und er gab sie zuverlässig an seine Nachkommen weiter. Selbst in dritter und vierter Generation lässt sich Bajar im Pedigree erkennen und garantiert Erfolge wie die von White Girl, Benedict N (CIC3*), Herakles (CCI3*) oder Linaro und Aron N in der Ponyzucht.
In Schleswig-Holstein gut bekannt und beliebt ist der Schweizer Rapphengst Bahadur, der neben langjährigem Einsatz als Deckhengst im Natursprung siegreich in Dressur- und Springprüfungen bis Kl. M sowie internationalen Vielseitigkeitsprüfungen und Distanzrennen unterwegs war. Heute, im gesetzten Alter von 20 Jahren und nach schwerem Unfall, ist er mit dem Sohn seiner ständigen Reiterin auf Kinderdistanzen und Patrouillenritten unterwegs.
Carin Weiß
35. Ausgabe Februar/März 2011