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Wann und bei welchen Rassen lohnt es sich ein älteres Pferd zu kaufen?

Wann ist ein Pferd alt, also nicht mehr fit genug zum Reiten? Da fängt das Problem schon an, denn es lässt sich nur schwer am Alter nach Jahren festmachen. Es gibt Pferde, die auf Grund von körperlichen Problemen schon in jungen Jahren(3-5jährig) reif sind für die Rente (häufige Ursache: Zucht und/oder Aufzuchtfehler, zu früher Einsatz), während andere Pferde auch mit fast 30 Jahren noch problemlos an einem 30 km Wanderritt teilnehmen. Deshalb kann es passieren, das jemand ein als älteres (mit 12-18 Jahren, meist preisgünstig) erworbenes Tier deutlich länger und intensiver nutzen kann, als der Stallkollege sein junges und in der Regel teures Sportpferd.

Bei der Lebenserwartung und vor allem Nutzungsdauer gibt es sehr deutliche Unterschiede bei den verschiedenen Rassen. Vor allem spätreife Rassen wie viele Ponyrassen (z.B. Isländer) oder auch Shagya-Araber, die erst mit 4-5 Jahren angeritten werden, können dann z.T. bis ins hohe Alter von 30 Jahren geritten werden. Bei vielen Warmblutrassen und auch allen anderen Rassen (z.B. Quarterhorse, engl. Vollblut), bei denen die Pferde bereits in jungen Jahren hohe Leistungen bringen sollen, erreichen viele Pferde nicht einmal das Erwachsenenalter von ca. 7-8 Jahren ohne gravierende Schäden an Knochen und Gelenken. Somit sind sie alt, bevor sie etwas leisten konnten. Es ist eigentlich schockierend, dass viele Warmblutzüchter ihre Jungpferde – vor – dem Anreiten erst einmal durchröntgen lassen (müssen) um zu sehen, ob sich der Aufwand der Ausbildung überhaupt lohnt. Auf diese, ja nicht ganz preisgünstige Idee würde ein Shagyazüchter nie kommen. Wenn tatsächlich z.B. im Rahmen einer Ankaufsuntersuchung auf Wunsch des Käufers ein Shagya-Araber in größerem Umfang geröntgt wird, sind die Aufnahmen in der Regel ohne Befund, selbst bei älteren Tieren. So kann es leicht passieren, das jemand für seinen fast 20 jährigen Shagya ein Nachwuchspferd kauft und dann das „alte“ Pferd auch 10 Jahre später noch auf Wanderritten reitet, während er mit dem „jungen“ (inzwischen auch schon 15jährigen Shagya-Araber) auf die längeren Distanzritte geht.

Auch ältere Pferde können und sollen weiterhin genutzt werden. Mit steigendem Alter sinkt natürlich auch bei den spätreifen Rassen irgendwann die Leistungsfähigkeit. Das geschieht aber erstens deutlich später und außerdem sinkt die Leistungsfähigkeit (Kraft, Ausdauer) wesentlich langsamer. Mit 20 Jahren ist auch bei diesen Rassen vielleicht kein 100 Meiler oder S- Parcour mehr drin, aber als normales Freizeitpferd sind Shagya-Araber und viele Ponyrassen auch mit über 20 Jahren meist noch voll einsatzfähig. Wenn das Pferd spät genug angeritten wurde, laufend auf die normalen Vorsorgemaßnahmen geachtet, neben regelmässigem Hufschmied, Impfungen, Wurmkuren, dazu sollte auch die Zahngesundheit gehören, sie korrekt geritten werden, treten Verschleißerkrankungen, wenn überhaupt erst sehr spät auf.

Ältere Pferde haben, bei sorgfältiger Auswahl, vor allem für Anfänger aller Altersklassen und Wiedereinsteiger viele Vorteile. Sie sind meist deutlich besser ausgebildet als ein junges Pferd und können deshalb Reitfehler oder Unsicherheiten des unerfahrenen/ungeübten Reiters besser einordnen und verkraften und so dem Reiter helfen, wobei ein junges Pferd zusätzlich noch mit dem eigenen Gleichgewicht zu kämpfen hat. Dazu kommen bei jungen Pferden die normalen „Pubertätsprobleme“, also Rangordnungsprobleme mit dem Reiter, mit denen ein unerfahrener Reiter natürlich völlig überfordert ist. Deshalb sollte ein Reiter mit wenig Erfahrung immer ein älteres, erfahrenes und möglichst solide ausgebildetes Pferd wählen. Ältere Pferde sind trotz besserer Ausbildung außerdem häufig schon ab 12 Jahren fast immer deutlich günstiger als junge Pferde.

Wichtigste Voraussetzung auch beim Kauf eines älteren, häufig preisgünstigen Pferdes ist natürlich eine Ankaufsuntersuchung und Beratung durch den Tierarzt, wobei in Abstimmung mit dem Tierarzt kleinere gesundheitliche Mängel durchaus in Kauf genommen werden können, wenn sie der gewünschten Nutzung nicht entgegenstehen. Wer ein älteres Pferd kauft, will normalerweise keinen Hochleistungssport betreiben. Deshalb reicht meist eine weniger hohe, aber solide Ausbildung im Bereich bis Kl E/A. Das Pferd sollte vor allem gut erzogen und möglichst gelassen sein. Dann steht auch mit einem älteren Pferd, vor allem bei den spätreifen Rassen, einem langen gemeinsamen Weg nichts entgegen.                         Ingrid Früchtenicht