Eine jüngst ergangene Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Münster könnte der aktuellen Diskussion zum Brennen und Chippen von Pferden neuen Zündstoff verleihen: Tätowierungen von Pferden, die allein der „Verschönerung“ dienen, sind tierschutzrechtlich unzulässig.
Ein vermeintlich findiger Pferdeliebhaber hatte sich mit der Geschäftsidee „Tattooservice für Tiere“ auf dem Markt etablieren wollen. Hiervon hatte die zuständige Behörde erfahren und konnte bei ihrem ersten Besuch feststellen, dass einem Schimmelpony bereits am rechten hinteren Oberschenkel eine größere Fläche Haare wegrasiert worden war. Dem Jungunternehmer wurde es untersagt, sein von ihm zugegebenes Vorhaben einer Tätowierung umzusetzen. Hieran hielt er sich jedoch nicht. Die Behörde musste bei einer Überprüfung feststellen, dass der Tätowierer dem Pferd in einer zweistündigen Sitzung eine ca. 15 cm große Vorlage der „Rolling-Stones-Zunge“ in Form von schwarzen Linien vortätowiert hatte. Das Pferd hatte hierbei weder eine Betäubung noch Schmerzstiller erhalten, weil das beim Menschen auch nicht üblich sei, so der Tätowierer.
Das Verwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Behörde, dass die Tätowierung eines warmblütigen Wirbeltieres einen Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG darstelle.
Es sei verboten, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen zuzufügen, wie es beim Einstechen von Farbpigmenten mittels Nadeln in die Haut nach der allgemeinen Erkenntnislage der Fall sei.
Im Gegensatz zu einem Tier könnten sich Menschen auf die mit einer Tätowierung, die sie freiwillig vornehmen lassen, verbundenen Schmerzen einstellen. Anders als ein Tier könnten sie die Prozedur jederzeit unter- oder gar abbrechen lassen. Das Tier sei jedoch dem Willen des Tätowierers unterworfen.
Das Motiv des Tätowierers, „sein Pferd individuell verschönern“ zu lassen, stellt keinen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes dar, befand das Gericht. Die Tätowierung des Schimmelponys und weiterer Tiere dient nicht einer Kennzeichnung im Sinne des Tierschutzgesetzes, sondern allein dem individuellen und wirtschaftlichen Interesse, mit einem „Tattooservice für Tiere“ Geld verdienen zu wollen.
Das Gericht hat der Geschäftsidee des Tätowierers in klaren Worten zugunsten des Tierschutzes eine Absage erteilt. Dabei ist offengeblieben, ob eine Tätowierung zulässig wäre, wenn das Pferd an der Stelle betäubt worden wäre. Da es sich nur um ein vorläufiges Eilverfahren handelte, darf man gespannt sein, ob der Tätowierer sich mit diesem Beschluss zufrieden geben wird.
Rechtsanwältin Dr. Christine Conrad | www.conrad-recht.de
34. Ausgabe Dezember 2010/Januar 2011